Dass sich Sprachen in verschiedenster Weise voneinander unterscheiden, ist eine Binsenwahrheit, die uns unmittelbar bewusst wird, wenn die Kommunikation über die eigene Kultur und Sprachwelt hinaus nicht mehr gewährleistet ist. Die moderne Sprachwissenschaft interessiert sich einerseits gerade für diese Vielfalt, indem sie sie mit geeigneten Kategorien zu erfassen versucht, sie interessiert sich jedoch andererseits noch viel mehr für die Frage, was diese Vielfalt letztlich zusammenhält.
Zu diesem Zweck versucht die Sprachtypologie bzw. Language Typology durch die systematische Analyse von größeren statistisch ausgeglichenen Stichproben mit zwischen 30 und 1.000 Sprachen herauszufinden, wie einzelne Sprachen bestimmte Konzepte (z.B. Besitzverhältnisse wie in Dt. das Haus der Mutter) strukturell ausdrücken. Solche Untersuchungen, die von Greenberg (1966) initiiert wurden, machten eine ganze Reihe von Strukturmustern von universeller oder beinahe universeller Gültigkeit sichtbar.
Die Gründe für solche Muster sieht die Sprachtypologie in der kognitiven Struktur des menschlichen Gehirns und in der Art und Weise, wie unser Gehirn sprachliche Äußerungssequenzen produziert bzw. entschlüsselt (Parsing, Diskursstrukturen).
Während die generative Linguistik nach Chomsky jede Sprache als eine mögliche Manifestation eines angeborenen Moduls im Gehirn betrachtet, das ganz spezifisch die syntaktische Struktur von Sprachen regelt, hält die Sprachtypologie die Annahme eines solchen spezifischen Sprachmoduls für unnötig — es genügen die allgemeinen kognitiven Eigenschaften des Gehirns.
Obwohl beide Richtungen im Verlaufe der letzten ca. 40 Jahre umfangreiche Resultate hervorgebracht haben, bleibt letztlich die Frage offen, bis zu welchem Grad robuste Verallgemeinerungen überhaupt möglich sind (vgl. hierzu etwa Newmeyer 2005, Moravcsik 2006).
Ein Hauptproblem bei der Einschätzung von sprachlichen Strukturmerkmalen ist die Frage, ob deren Existenz und weltweite Verbreitung auf sprachlich-kognitive Faktoren zurückgehen, oder ob sie durch andere Faktoren ausgelöst wurden (Bisang 2004, 2006). Das folgende, bewusst drastisch überzeichnete Szenario zu den Amazonassprachen Brasiliens mit ihrer weltweit höchst seltenen grammatischen Wortfolge von Objekt-Verb-Subjekt (OVS) soll dies erläutern:
To take a somewhat clichéd example, suppose that a nuclear war wiped out most of humankind and its written history, but spared the Amazonia region of Brazil. Some centuries later, a carefully constructed sample of the world’s languages would in all probability show those with OVS order to be relatively common. (Newmeyer 1998: 307).
In aller Regel sind es keine Naturkatastrophen, die für die Verbreitung sprachlicher Strukturen verantwortlich sind, sondern Kontaktsituationen zwischen Sprechern unterschiedlicher Sprachen. Dabei spielen nicht nur kognitive Faktoren und ggf. das angeborene Sprachmodul eine Rolle, sondern auch soziale Faktoren wie etwa das Prestige einer Sprache bei den beteiligten Sprechern und politische Macht- und Dominanzverhältnisse.
Je größer die Bedeutung sozialer Faktoren für die Verbreitung sprachlicher Strukturen ist, desto geringer wird die Wahrscheinlichkeit, aus der Beobachtung und Analyse von aktuellen Sprachstrukturen direkt auf tiefer liegende kognitive Grundlagen der Sprache zu schließen, da bestimmte kognitiv durchaus günstige bzw. vom Sprachmodul erlaubte Strukturen durch diese sozialen Faktoren verdrängt und folglich nicht oder nur sehr selten belegt sein könnten. Wie groß soziale Faktoren letztlich sind, ist gegenwärtig schwer abzuschätzen (Versuche hierzu finden sich etwa in Maslova 2000).
Sicher ist, dass soziale Faktoren und letztlich historische Zusammenhänge um die Verbreitung von Sprachen und ihren Sprechern im Rahmen von Migration und politischer Machtverhältnisse wesentlicher sind, als bisher angenommen wurde. Einen ersten fundierten Eindruck hiervon vermittelt der World Atlas of Language Structures (WALS, Haspelmath et al. 2005), welcher erstmals insgesamt 142 linguistische Merkmale und deren globale Verteilung in durchschnittlich etwa 400 Sprachen kartographisch festhält.
Japan-Studien
In diesen Forschungs- und Lehrbereich integriert sind die Japan-Studien, welche offen sind für Hörer aller Fachbereiche, d.h. für alle Studierende, die an der Johannes-Gutenberg-Universität immatrikuliert sind, sowie für alle Interessenten/innen der Japan-Studien, die NICHT an der Johannes-Gutenberg Universität Mainz eingeschrieben sind. Letztere haben die Möglichkeit sich als Gasthörer einzuschreiben, um so an den Kursen teilnehmen zu können.